Skip to main content
Nachrichten

Wie sollte man vorgehen, wenn nach Vertragsabschluss bestimmte veränderte Umstände eintreten, die die Erfüllung der Verpflichtung erschweren?

19. Juli, 2022No Comments

Wie sollte man vorgehen, wenn nach Vertragsabschluss bestimmte veränderte Umstände eintreten, die die Erfüllung der Verpflichtung erschweren?

Das Grundprinzip des Schuldrechts ist pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten), was bedeutet, dass die Parteien nach Abschluss eines Vertrags verpflichtet sind, die vereinbarten Verpflichtungen einzuhalten. Das Angeführte ist manchmal jedoch schwierig zu beachten, insbesondere wenn sich die vertraglichen Umstände seit dem Vertragsabschluss erheblich geändert haben, beispielsweise wenn die Preise erheblich steigen oder die Lieferzeiten aufgrund unvorhersehbarer Marktbedingungen erheblich verlängert werden. 

Auf Basis des Grundsatzes der Vertragsautonomie können die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen frei gestalten; die Vertragsautonomie ist nur durch die Verfassung, zwingende Vorschriften und moralische Grundsätze begrenzt. Daher steht im ersten Plan natürlich die einvernehmliche Vertragsänderung, die für alle Beteiligten zumutbar wäre. 
Eine Einigung der Parteien ist jedoch nicht immer möglich; oft ist es schwierig, Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten zumutbar wären. Für solche Fälle sieht das Gesetz mehrere Lösungsvarianten vor, die unten näher erläutert sind.
i) Was wenn sich die Umstände eines abgeschlossenen Vertrags ändern?
Eine der möglichen Lösungen ist die Auflösung oder die Änderung des Vertrags aufgrund veränderter Umstände. Danach kann ein Vertrag aufgelöst werden, wenn nach Vertragsabschluss Umstände eintreten, die es einer Partei erschweren, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, oder wenn Umstände eintreten, die es unmöglich machen, den Vertragszweck zu erreichen. Beide Fälle sind dadurch vorausgesetzt, dass der aktuelle Vertrag nicht mehr den Erwartungen der Parteien entspricht und es generell unbillig wäre, den Vertrag in der geschlossenen Form aufrechtzuerhalten. In dem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Partei, die die Vertragsauflösung geltend machen will, die Gegenpartei unverzüglich von ihrer Absicht in Kenntnis setzen muss (sobald sie von den veränderten Umständen erfahren hat, die die Anwendung genannter Bestimmungen rechtfertigen); andernfalls ist sie für den von der Gegenpartei erlittenen Schaden ersatzpflichtig. Erwähnenswert ist auch, dass die Gegenpartei die Vertragsauflösung dadurch abwenden kann, dass sie anbietet oder zustimmt, die betreffenden Vertragsbestimmungen so zu ändern, dass der geschlossene Vertrag seinen Zweck wieder erfüllen kann. 
ii) Was wenn die Gegenpartei ihrer Verpflichtung nicht nachkommen will?

Ist die gleichzeitige Erfüllung der Verpflichtungen der Parteien vereinbart und ist eine der Parteien nicht bereit, ihre Verpflichtung zu erfüllen, oder ist sie nicht bereit, ihre Verpflichtung gleichzeitig mit der Gegenpartei zu erfüllen, so hat die Gegenpartei die Möglichkeit, die Erfüllung ihrer Verpflichtung aufzuschieben. Das bedeutet, dass eine Partei ihre Verpflichtung erst dann erfüllen muss, wenn auch die andere Partei ihre Verpflichtung erfüllt hat.

iii) Was wenn die Gegenpartei nach Vertragsabschluss in finanzielle Schwierigkeiten gerät?
Falls eine der Vertragsparteien nach Vertragsabschluss in finanzielle Schwierigkeiten gerät, besteht für die Partei, die sich verpflichtet hat, ihre Leistung als Erste zu erbringen, die Möglichkeit, die Erfüllung dieser Verpflichtung aufzuschieben, bis die andere Partei ihre Verpflichtung erfüllt oder eine angemessene Erfüllungssicherheit geleistet hat. Das Angeführte kann auch dann geltend gemacht werden, wenn die finanzielle Lage der anderen Partei bereits vor Vertragsabschluss schwierig war; in dem Fall muss jedoch bewiesen werden, dass der geltendmachenden Partei die finanziellen Schwierigkeiten der Gegenpartei nicht bekannt waren und auch nicht bekannt sein mussten.
iv) Was wenn die Erfüllung der Verpflichtung unmöglich ist?
Wenn keine der Parteien ein Ereignis zu vertreten hat, das die Leistung einer der Parteien unmöglich macht, ist auch die andere Partei von ihrer Verpflichtung befreit und braucht ihre Verpflichtung nicht zu erfüllen. Hat die andere Partei ihre Verpflichtung jedoch bereits erfüllt, so hat sie das Recht, die Rückzahlung des Geleisteten zu verlangen.  
Ähnlich gilt auch im Falle einer teilweisen Unmöglichkeit der Leistung durch eine der Parteien, doch kann diese Partei im genannten Fall nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn die Teilleistung ihr unzumutbar ist; ansonsten ist der Vertrag aufrechterhalten.
In Anbetracht der obigen Ausführungen weisen wir darauf hin, dass die Anwendung eines bestimmten Rechtsinstituts vom konkreten Fall und von konkreten Umständen abhängt. Manchmal ist es möglich, spezifische Instrumente anzuwenden (das oben Angeführte sind allgemeine Bestimmungen, die grundsätzlich auf alle geschlossenen Verträge anzuwenden sind), die oben nicht erwähnt sind. So gelten beispielsweise für Bauverträge besondere Regeln, die wir auch bereits näher erörtert haben (Publications – Fabiani, Petrovič, Jeraj, Rejc (fpjr.si)).
Autorin: Tina Marciuš Ravnikar, Rechtsanwaltskandidatin